Zukunftsperspektiven für den Journalismus

Das digitale Medienzeitalter und die heutige Epoche der allgegenwärtigen Vernetzung stellen für den analogen Journalismus eine immer größere Herausforderung dar. Die Auflagenzahlen in der gedruckten Presse schwinden, während die Anzahl der Veröffentlichungen im Internet wächst und wächst. Wie werden sich Journalisten in der Gegenwart von Millionen von individuellen Meinungen behaupten können und ihrem Beruf weiterhin Relevanz verleihen?

Der digitale Wandel und seine Folgen

Technologische Errungenschaften sind ein selbstverständlicher Bestandteil unseres Alltags. Wir sind heute besser erreichbar und besser miteinander vernetzt, als je zuvor und es mutet schon merkwürdig an, wenn jemand kein Smartphone besitzt. Technische Innovationen verändern dabei auch die Arbeitsweise von Journalisten und innovative Technik ist zu einem wichtigen journalistischen Werkzeug avanciert. Die Geschwindigkeit, mit welcher Informationen auf Onlinemedien verarbeitet und präsentiert werden, birgt nicht nur Vorteile. Die Verfügbarkeit von ständig neuen Nachrichtenmeldungen und die kurze Dauer, bis neue Updates auftauchen, kann unter Umständen die Glaubwürdigkeit der Meldungen untergraben, denn oft bleibt einfach nicht genug Zeit, um Fakten zu überprüfen und Artikel gewissenhaft probezulesen. Auf den Nachrichtenseiten vieler Online-Publikationen ist daher oft ein Mangel an journalistischer Qualitätsarbeit und Sorgfalt zu beobachten.

Mann schreiben

Guter Journalismus ist aufwendig

Das Internet dominiert unseren Alltag immer stärker und schafft jedem, der seine Sichtweise kundtun möchte, eine Plattform. Diese Entwicklung ist selbstverständlich nicht nur negativ; die Presse verliert durch das Internet die Exklusivität, die sie bis dato innehatte. Jedermann kann sich heute über Twitter, Facebook, Youtube oder einen Blog Gehör verschaffen. Die sozialen Netzwerke beeinflussen die Gesellschaft in immer größerem Maße und im Internet ist auf jede Frage in wenigen Sekunden eine Antwort erhältlich. Wie also kann das Handwerk des Journalisten auch in der Zukunft Bestand haben? Indem Informationen gründlich recherchiert werden, Meldungen nicht übertrieben dargestellt werden und ein gleichbleibender persönlicher Schreibstil kultiviert wird, der bei vielen Online-Publikationen leider abhandengekommen ist.

Mithilfe der kompetenten Anwendung neuer Technologien können Journalisten  viel schneller hochwertige Artikel verfassen. Fakten können heute augenblicklich überprüft werden, allerdings ist bei den neuesten Meldungen immer noch Vorsicht geboten, damit diese nicht mit fehlerhaften Informationen bestückt verbreitet werden. Die Vollständigkeit und Richtigkeit von Meldungen bildet bei Nachrichten in Echtzeit die größte Herausforderung. Online-Publikationen ist es oft gar nicht gestattet, mit der Veröffentlichung zu warten, um alle Fakten zu überprüfen, weil der News-Stream nach immer neuen Meldungen giert und die Konkurrenz den Artikel zum Thema schon ins Netz gestellt hat.

Einer der größten Vorteile des Internets ist jedoch dessen enorme Flexibilität. Fakten können umgehend aktualisiert werden und Artikel müssen nicht mehr nur aus einem Text und ein oder zwei Bildern bestehen. Journalisten stehen heute vielfältige Mittel zur Verfügung, um einen lebhaften Artikel zu gestalten, der die Leser schneller und einfacher fesselt als ein seitenlanger Textblock. Relevante Inhalte werden weiterhin den Grundbaustein für die Berichterstattung bilden, der kreativen Gestaltung wird aber immer mehr Raum zuteil. Für Online-Journalisten gehört die Anfertigung von Animationen, Video-Reportagen oder Podcasts immer häufiger mit zu den Grundkompetenzen. Auch die journalistischen Ausbildungsstätten haben den Trend erkannt und vermitteln crossmediale Fertigkeiten.

Ein Mädchen mit Handy

Live-Nachrichten

Neue Geschäftsmodelle

Aufgrund der wachsenden Zahl an Verbrauchern, die sich überwiegend über die digitalen Medien informieren, suchen Verlage und Onlineausgaben etablierter Zeitungen nach neuen Geschäftsmodellen. Dazu gehören Online-Abonnements und Paywalls auf Webseiten. Es existieren auch Modelle, in denen der Verbraucher nur für einen einzelnen Artikel, den er gerne lesen möchte, bezahlt. In Zeiten kostenloser Informationsquellen versuchen die Verlage dem Verbraucher zu vermitteln, dass Qualitätsjournalismus eben mit einem hohen Aufwand verbunden ist und nicht kostenlos sein kann.

Printmedien finanzieren sich durch ihren Verkaufspreis oder durch Werbeeinnahmen und für reine Online-Magazine gilt es, ein ausgewogenes Geschäftsmodell zu finden. Die meisten Verbraucher sind nicht gewillt, mehrere Online-Abonnements zu bezahlen und navigieren lieber von einer Seite zur nächsten, um für sie persönlich relevante Meldungen auszuwählen, anstatt nur von Themen zu erfahren, die eine Redaktion als relevant eingestuft hat.

Fake News

Das Phänomen der Fake News stellt im Grunde eine positive gesellschaftliche Entwicklung dar, denn vor der Fake News-Debatte wurden Nachrichtenmeldungen kaum von den Konsumenten hinterfragt. Alles wurde ohne Überlegungen akzeptiert, Nachrichten waren kostenlos und im Verständnis der Konsumenten sollte man für Informationen auch nichts bezahlen müssen. Die Verunsicherung durch Falschmeldungen hat in der Öffentlichkeit schließlich zu der Erkenntnis geführt, dass guter Journalismus nicht kostenlos sein kann. Hochwertiger Journalismus ist in  Realität eher selten und sollte dementsprechend auch vergütet werden. Die zunehmende Mittelmäßigkeit von Nachrichtenseiten schafft für Anbieter von qualitativ hochwertigem Journalismus gute Argumente, sich ihren Service direkt oder durch Werbeeinnahmen bezahlen zu lassen.

Ein Laptop

Fake News machen immer wieder die Runde

Nachrichtenroboter

Viele amerikanische Nachrichtendienste experimentieren mit Software, die einfache Informationen wie Sportnachrichten oder Börsenmeldungen automatisch zu verständlichen Meldungen verfassen. Diese Nachrichtenroboter schrieben aber auch bereits ganze Artikel. Die Software mit dem Namen Heliograf identifiziert dazu die relevanten Informationen, passt sie an eine Mustervorlage mit passenden Sätzen an und veröffentlicht dann unterschiedliche Versionen des Artikels auf verschiedenen Plattformen. Die Software kann auch Journalisten alarmieren, falls widersprüchliche Angaben auftauchen, sodass die Journalisten die Daten überprüfen können.

Die Nachrichtenagentur Reuters setzt in diesem Zusammenhang auf die Software News Tracer, welche mithilfe eines Algorithmus die Stichhaltigkeit eines Tweets vorhersagt. Die Technik beobachtet die Verbreitung von Tweets und schätzt dabei ein, welche Nachrichten glaubwürdig und relevant sind.

Auch die Ergebnisse der vergangenen US-Präsidentschaftswahlen wurden mithilfe von Nachrichtenrobotern veröffentlicht und fortlaufend aktualisiert.

Der Einsatz von Nachrichtenrobotern wird mit einem doppelten Nutzen gerechtfertigt; anstelle einer großen Zielgruppe eine kleine Anzahl an zeitaufwendigen, von Journalisten verfassten Artikeln anzubieten, können Nachrichtenroboter viele kleinere Verbrauchergruppen mit einer großen Anzahl an Lokalmeldungen oder Nischenthemen versorgen. Auf diese Art und Weise werden mehr Leser erreicht und andererseits Personalkosten gespart.

Computercode

Software als Ersatz für Autoren?

Regionaler Journalismus

Trotz der vielversprechenden, kreativen Neuerungen haben viele Menschen das Vertrauen in die etablierten Medien verloren. Wichtige Zukunftskomponenten für den Journalismus könnten daher Eigenschaften wie Transparenz und Integrität darstellen. Das bedeutet in der Praxis, dass Journalisten die Quellen für ihre Artikel mit angeben sollten, damit die Leser die Relevanz eines Artikels selber bewerten können. In Deutschland ist die Pressefreiheit glücklicherweise nicht nur ein politischer Slogan, sondern ein angewandtes Recht und eine direkte Zensur ist relativ selten.

Der Journalismus der Zukunft muss kulturelle Besonderheiten und insbesondere verschiedene Sprachen berücksichtigen, anstatt nur homogene Massenveröffentlichungen anzufertigen. Bevölkerungen fühlen sich nur ernst genommen, wenn die Medien sich darum bemühen, in ihrer Muttersprache zu berichten. Das ist zwar zeitaufwendig, aber große Teile der Weltbevölkerung einfach außen vor zu lassen, weil Informationen nicht in deren Muttersprache erhältlich sind, erscheint einfach nicht richtig. Jeder sollte das Recht haben, über das Zeitgeschehen informiert zu sein und dank des technologischen Fortschrittes, insbesondere ausgefeilter Übersetzungsprogramme, sollte das in Zukunft auch möglich sein.

In der Zukunft werden sich der Branche weitere, nie dagewesene kreative Möglichkeiten bieten, um aus der Welt zu berichten. Internationale Zusammenarbeit, die Wahrung kultureller Unterschiede und Toleranz werden  für den Journalismus von großer Bedeutung sein. Dank dem Internet hat ein stetig wachsender Anteil der Weltbevölkerung eine Stimme, von der sie Gebrauch machen wird, um die Welt, in der wir leben, zu verbessern.

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