Wie arbeiten Investigativ-Journalisten?

In Filmen oder Romanen wird die Tätigkeit eines investigativen Journalisten gerne verklärt oder überspitzt dargestellt – bedient sich  dieses Genre doch mit Vorliebe dem Klischee der halsbrecherischen undercover-Mission mit versteckter Kamera. In der Realität ist investigativer Journalismus jedoch meistens weniger glamourös. Tatsächlich ist das genaue Recherchieren von relevanten Themen eine sehr harte und manchmal auch eintönige Tätigkeit. Selten besteht die Arbeit eines Reporters daraus, einen Kriminellen dingfest zu machen oder den nächsten bundesweiten Skandal aufzudecken. Investigative Journalisten können demgegenüber aber viel Zeit in Archiven zubringen und sich komplizierte juristische und steuerrechtliche Kenntnisse aneignen, um eine Zuwiderhandlung gegen bestehendes Recht aufzudecken.

Die Arbeit eines investigativen Journalisten befasst sich mit Ungereimtheiten, Verstößen gegen das Gesetzt, Verschleierungen und Skandalen, die Abseits dem Bewusstsein der Öffentlichkeit existieren, und das eventuell schon seit sehr langer Zeit. Illustre Persönlichkeiten, Entscheidungsträger oder große Unternehmen sind das bevorzugte Ziel im Falle eines Verdachts. Idealerweise mündet die investigative Arbeit, soweit möglich, in einer Form von Gerechtigkeit und Maßnahmen, die dasselbe Vergehen oder den Missstand in der Zukunft unmöglich machen. Eine solche Reportage muss die Gesellschaft aufrütteln und gleichzeitig gut erzählt sein.

Menschen in einem Raum

Journalismus gilt als glamourös

Woher kommen die Informationen?

Wie findet ein Reporter die nächste große Story? Einerseits gibt es Insider, die der Redaktion einer Zeitung etwa skandalträchtige Informationen zukommen lassen. Der Informant handelt dabei oft impulsiv, weil er selbst einer Ungerechtigkeit ausgesetzt ist. Er kann dabei aber auch strategisch vorgehen oder in die Geschehnisse gar nicht involviert sein, sondern einfach nur hoffen, dass sich die Medien dem eventuell relevanten Sachverhalt annehmen wollen.

Anstelle aber nur darauf zu warten, ein mögliches Investigationsthema zugetragen zu bekommen, wird ein Journalist sein Netzwerk an Kollegen, Freunden, Bekannten und Akquisitionen bemühen. Auch für das Aufspüren der richtigen Interviewpartner sind die persönlichen Kontakte entscheidend. Je mehr Fachleute verschiedener Horizonte zum Bekanntenkreis eines Journalisten gehören, desto großer ist die Chance, dass ihm eventuelle Ungereimtheiten zu Ohren kommen.

Beim aufmerksamen Lesen von kleinen Meldungen in der Zeitung können dem investigativen Journalisten auch Artikel auffallen, die fragwürdig, unvollständig oder schlicht skandalträchtig erscheinen. In diesem Fall könnte sich eine umfassende Recherche lohnen. Einer der Vorteile unserer bürokratieverliebten Demokratie ist es, das fast alles irgendwo niedergeschrieben oder archiviert wird und man nur die richtigen Informationen finden muss.

Die größte Hürde für gut recherchierte Reportagen sind heutzutage auf Wirtschaftlichkeit ausgelegte Redaktionen, die aufwendige Investigationen scheuen, weil der Erfolg der Recherche nicht garantiert werden kann.

Kamera

Eine Kamera reicht oft nicht

Journalistische Werkzeuge

Das Recherchieren und die Auswertung von Daten gehört zum Handwerk eines jeden Journalisten. Mithilfe zahlreicher informatischer Anwendungen können Journalisten heute viel Zeit sparen und direkt die Information finden, die sie benötigen. Dabei waren IT-Sicherheitssysteme noch nie von so großer Bedeutung, denn auch ohne es zu Wissen, gibt jeder Nutzer von modernen Technologien unzählige Informationen über sich preis. Um effektiv zu Recherchieren, sind Kenntnisse über IT-Sicherheitssysteme unabkömmlich. Für die Sicherheit und den Datenschutz kann es notwendig sein, dass Investigativ-Journalisten die eigene Rückverfolgbarkeit mithilfe von Anwendungen wie dem Tor-Browser unterbinden.

Der Kernpunkt einer Online-Recherche besteht darin, spezialisierte Websites und Datensätze zu finden. Der Journalist muss wissen, wer über die Informationen verfügt, die er sucht. Die Keywords müssen in diesem Fall sehr präzise sein. Manchmal ist eine benötigte Datei oder Information auch nicht online erhältlich und der Journalist muss sie in diesem Fall anderweitig beschaffen. Der Besuch in einem Archiv oder ein persönliches Interview mit einer Kontaktperson können dann notwendig werden.

Damit ein Journalist immer auf dem neuesten Stand ist, existieren Anwendungen wie Website Watcher. Dieses Werkzeug automatisiert den gesamten Suchprozess, indem es ausgewählte Websites überwacht und Updates sendet, sobald die Seite aktualisiert wurde. Das erleichtert den Vorgang und die Online-Recherche bleibt ohne viel Aufwand auf dem neusten Stand.

Leute, die den Computer betrachten

IT-Kenntnisse sind gefragt

Wenn man ein Dokument nach relevanten Informationen durchsucht, beginnt man dabei gewöhnlich mit dem Titel und endet bei den Fußnoten. Ein journalistischer Trick besteht aber darin, diesen Prozess umzukehren und direkt bei den Fußnoten zu beginnen, denn diese sind nach dem Inhalt des Artikels strukturiert und führen den aufmerksamen Leser ohne Umschweife zu den gewünschten Informationen.

Wayback Machine ist ein weiteres Werkzeug, um im Internet Informationen aufzuspüren. Die Anwendung ist ein digitales Archiv für veraltete Versionen von Websites und frühere Inhalte, die eventuell für einen Journalisten relevant sein können, werden dort wieder zugänglich. Journalisten können mithilfe einer Funktion auf Wayback Machine auch ihr persönliches Archiv anlegen und die meisten Websites und PDF-Dateien kopieren und speichern. Dieses Vorgehen ist von Bedeutung, denn eine Website ist möglicherweise nicht immer zugänglich und es kann nützlich sein, sie direkt auf der Festplatte zu speichern.

Die Suche nach bestimmten Inhalten in Videos und Podcasts ist für investigative Journalisten immer häufiger erforderlich. Um Zeit und Mühe zu sparen, wird auch hier auf moderne Suchwerkzeuge wie Popup Archive zurückgegriffen, mit deren Hilfe direkt nach einer gesprochenen Aussage in einer Audiodatei oder in einem Video gesucht werden kann.

Für einen investigativen Journalisten ist es auch erforderlich, seine Informationsquellen richtig einzuschätzen. Internetseiten wie Wikipedia sind offensichtlich keine sichere Quelle, da dort hinterlegte Informationen von jedem bearbeitet werden können. Das gleiche gilt für diverse Websites und Foren. Eine wichtige Eigenschaft für eine erfolgreiche Recherche ist daher Neugierde und der Wille, so lange zu forschen, bis verlässliche Informationen etabliert werden konnten.

Im Bereich des internationalen Transports gibt es mehrere Websites, die die Route von Schiffen oder Passagierflugzeugen in Echtzeit wiedergeben. Auf der Website FlightAware können auch vergangene Flugbewegungen nachvollzogen werden.

Um Informationen über Regierungen und deren Finanzbewegungen zu erhalten, existiert ebenfalls eine öffentlich zugängliche Anwendung. Mithilfe der Website Foreign Influence Explorer ist es möglich, internationale Transaktionen zwischen Regierungen und ausländischen Firmen einzusehen, sobald diese bekanntgegeben wurden. Dies ist besonders wertvoll, um internationale Einflussnahme und Lobbyismus nachzuvollziehen.

Eine Sperre auf einer Tastatur

Enthüllungsjournalisten oder Hacker?

Enthüllungsjournalisten schöpfen auch das Suchpotenzial von Google aus. Mit dieser gängigen Suchmaschine kann man sehr spezifische Ergebnisse erhalten, wenn man weiß, wie das ganze funktioniert. Ein einfacher Trick besteht darin, den Suchbegriff direkt in die URL-Sparte einzugeben. Weitere Funktionen auf Google liefern auch die Uhrzeit und das Datum der Veröffentlichung des Dokuments. Auch Firmeninterne Papiere, die eigentlich nicht der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen, sind durch fehlerhafte oder ungeschützte Einstellung mitunter über Google aufrufbar; und zwar auch dann, wenn sie auf nicht-öffentlichen Servern gespeichert sind.

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